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Mittwoch, 26. November 2014

Toleranz / Gemeinschaft

Der Begriff "Toleranz" wird heute zunehmend im Sinne des Gender Mainsteams missbraucht, um eine einseitig sexuelle Sicht zwischenmenschlicher Beziehungen zu propagieren und gleichzeitig Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Natürlich mag es da unterschiedliche Veranlagungen und Neigungen geben, die jeder aber versuchen sollte in den Griff zu bekommen, um sie konstruktiv einzusetzen. Wird hier aber immer wieder einseitig die "sexuelle Orientierung" vorrangig angesprochen, so hat man den Eindruck, dass hier nur darum geht, alle anderen Maßstäbe zu verdrängen. Ich finde es inakzeptabel, wenn die Aussage "Ich habe einen Freund" mich als homosexuellen abstempelt - da geht es nicht um Toleranz, sondern um das Verständnis von Freundschaft. Auch Freundin bedeutet noch nicht gleich sexuelle Beziehung.  In diesem Licht sehe ich auch Freundschaften zu Kindern, die mich ja eben nicht zum Päderasten machen.
In einer einseitig sexuellen Interpretation jedes freundschaftlichen Zusammenseins wird natürlich auch gemeinschaftliche Nacktheit in ein entsprechendes Licht gestellt. Es ist nicht mehr familiäre Vertrautheit und Unbefangenheit, sondern sexuelle Wertungen schieben sich in den Vordergrund. Und genau dagegen stelle ich mich. Ich bin nicht Bereit hier sexuelle Orientierungen aller Coleur zu tolerieren, wo sie die Unbefangenheit zerstören. Gerade die vermeintlichen Toleranzforderungen diskriminieren hier mit einer Voreingenommenheit, in dem sie jeden in eine vermeintlich tolerierte Schublade stecken. Vielmehr ist es nötig, sich in Freundschaft zu korrigieren. Das geschieht in der Regel spontan, sei es nun eine abwehrende Geste oder eine Zurechtweisung. Man braucht die Gemeinschaft, in der man erfahren muss, wass akzeptiert ist und was als störend abgewiesen wird. Da kann sich niemand auf angeborene Neigungen berufen, um ein freies Ausleben der eigenen Launen einzufordern. Es geht vielmehr darum, eine tragbare Gemeinschaft mitzuformen. Gemeinschaftliche Nacktheit fordert in besonderer Weise seine sexuellen Neigungen im Griff zu behalten. Damit trägt sie  dazu bei, eben das zu erlernen und einzuüben. 


Individualistische Beliebigkeit ignoriert die Gemeinschaft. Wir leben nicht für uns, sondern bringen uns mit unseren Veranlagungen in die Gemeinschaft ein - zumindest (auch wenn wir uns da verweigern) wirkt unser Verhalten auf die Gemeinschaft zurück. Wenn nun eine Ideologie individuelle Bedürfnisse absolut setzt und jede Kritik daran verurteilt, ist das alles andere als tolerant. Zur Toleranz gehört die Meinungsfreiheit. Wir sind gefordert, unser Verhalten im Blick auf seine Wirkung zu überprüfen und zu hinterfragen - und das nicht nur für uns allein, sondern im Dialog mit anderen. Korrigiert werden wir in der Regel im Gegenüber, d. h. durch die Reaktion anderer in Gemeinschaft. Das sollte in freundschaftlicher Haltung geschehen. Hier alles hinzunehmen, ist Gleichgültigkeit. Gefordert ist aber Akzeptanz des anderen als Menschen in Mitverantwortung für ihn. Gemeinschaftlich geht es auch darum, Maßstäbe zu setzen. Wo individuelle Bedürfnisorientierung ihre Grenzen nur da sieht, wo die Freiheit des anderen eingeschränkt wird, verweigert sie sich. Freiheit bedeutet nicht individuelle Beliebigkeit, sondern Spielraum für Eigeninitiative im Blick auf andere und die Gemeinschaft im ganzen. Es reicht also nicht, nur die eigenen Bedürfnisse einzuschränken. Ich fordere nicht ideologische Toleranz, sondern freundschaftliches korrektiv. Es geht nicht darum, ideologisch die Akzeptanz aller Bedürfnisse zu fordern, sondern dem Gegenüber zu antworten, ihn nicht allein zu lassen - d. h. auch ihn zurückzuweisen, wo er zu weit geht. Da ist niemand unfehlbar. Aber die spontane Reaktion halte ich für zuverlässiger als jede Ideologie. Ziel ist ein Leben mit dem anderen - nicht neben ihm! Und eben deshalb kann ich nicht alles zulassen. Eine Toleranz, die das ignoriert, ist unmenschlich, denn der Mensch ist ein Gemeinschaftswesen. Was ich als Freiheit fordere ist ein Beitrag zur Gemeinschaft - nicht etwas neben ihr geduldetes. Mir geht es um die Akzeptanz des leiblichen Menschen, der diese Leiblichkeit in Gemeinschaft erleben soll. Er braucht dazu Gemeinschaft, d. h. er will in sie einbezogen sein - nicht neben ihr geduldet.

Natürlich hält sich ein tolerierter (=geduldeter) Mensch nicht in der einsamen Wüste auf, aber er ist auch noch nicht in die Gemeinschaft einbezogen. Hier geht es eben um mehr. Als Naturist finde ich durchaus Freiräume, um nackt zu Baden. Aber ich suche Nacktheit in Gemeinschaft. Es geht um eine Lebenseinstellung, die sich erst in der Begegnung und in erlebter Gemeinschaft entfaltet. Da ist es wichtig, eine Gemeinschaft zu finden, die nicht nur meine Nacktheit toleriert, sondern die mit mir das Erlebnis körperlicher Freiheit teilt. Diese Gemeinschaft kann ich finden (am See, im Verein, ...). Da ist es nun wünschenswert, auch tatsächlich in diese Gemeinschaften einbezogen zu werden - und das ist oft schwer. Da fordere ich nun zunächst Naturisten auf, neuen Gästen gegenüber aufgeschlossen zu sein und sie nicht allzu kritisch zu betrachten. Aber natürlich möchte ich Toleranz nicht auf diese Gemeinschaft beschränken. Es stellt sich die Frage, ob der Naturismus nur Vergnügen eines kleinen Kreises bleibt, oder ob er Beitrag für die Gesellschaft insgesamt ist. Mit der Akzeptanz menschlicher Leiblichkeit, der vertrauten Offenheit in der Begegnung und - damit verbunden - der pazifistischen Grundeinstellung bringt der Naturismus Aspekte und Werte ein, die die Menschheit insgesamt bereichert.

Dem Gender Mainstream werfe ich nun vor, dass er fordert, sich an Neigungen zu orientieren, statt sie einzubringen. Eine Veranlagung hat man, um sie konstruktiv einzubringen - nicht um sie auszuleben. Vor allem haben triebhafte Bedürfnisse hier nicht den obersten Stellenwert. So ist Sexualität zunächst auf Zeugung neuen Lebens hin angelegt, aber auch auf eine Bindung von Mann und Frau im Blick auf Kinder. Ein Ausleben, das diesen Zusammenhang ignoriert, ist destruktiv - sei es nun, dass er durch Verhütung annuliert wird, oder die Triebe in Formen ausgelebt werden, die natürliche Zeugung ausschließen. Trotzdem haben auch Homosexualität und Päderastie ihren Sinn. Im antiken Griechenland diente sie auch dazu, eine emotionale Bindung herzustellen, in der man sich auch in größter Gefahr für den Freund eintrat (konkret in der Schlacht auch sein Leben für ihn gab). Nur ist das keine auf Kinder hin ausgerichtete Ehe, wie es der Gender Mainstream heute hinstellt. Das so zu entstellen, setzt eine Vergewaltigung der Natur voraus, in der Zeugung nun einmal verschiedene Geschlechter voraussetzt. Dazu muß man das naturgegebene Familienbild zerstören, was durch Verhütung, In-vitro-Fertilisation u. a. möglich ist. Hier geht es nicht um Ausnahmen in Notsituationen, sondern um ein grundsätzliches Verständnis der naturgegebenen Ordnung. Ich stelle mich vor allem dagegen, Veranlagungen als oberstes Ziel und Maßstab der Orientierung hinzustellen, und diesem Ziel alles andere unterzuordnen. Veranlagungen müssen auf einen Sinn hin ausgerichtet werden, der nicht in ihnen selbst liegt. Das Ziel meines Lebens ist nicht das Ausleben triebhafter Bedürfnisse, sondern das Einbringen meiner Veranlagungen und Neigungen im gemeinschaftlichen Leben auf ein höheres Ziel hin. Sexualität ist nicht Selbstzweck. Vor allem möchte ich nicht jede Freundschaft und Sympathie der Sexualität unterordnen. Durch diese Orientierung auf Sexualität hin pervertiert das ganze Leben. Unbefangenheit in der Begegnung ist kaum noch möglich. Und genau das zerstört jede Gemeinschaft. Hier geht es also gar nicht darum, wie jemand veranlagt ist, sondern darum, ob die Veranlagung (das beschränkt sich keineswegs auf die Sexualität) selbst Orientierung ist, oder ob sie ausgerichtet (= orientiert) wird, d. h. sich sinnvol lenken und einbringen läßt.

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