In der Fanziskanerzeitschrift "Friede und Heil" 2010 Nr.4 S 54 habe ich unter der Überschrift "Nackt dem nackten Christus folgen" (P. Josef Fischer) eine interessante Anregung dazu gefunden.
"Nacktheit schließt positiv das Vertrauen auf eine innere, geheimnisvolle Macht ein, die uns umhüllt und beschützt. Allerdings meint Nacktheit auch Verletzbarkeit, ... ""Die einen kämpfen um Überwindung von Scham als Überbleibsel einer verklemmten Moral (siehe die schrillen Formen der Selbstdarstellung auf der Straße, vielleicht auch als Schrei nach Individualität, bei Christopher Street Paraden). Die anderen streiten für die Achtung von Schamgrenzen, aus Ehrfurcht vor dem Einzelnen und seiner Intimsphäre"
Ich denke, dass im Naturismus keinesfalls um Selbstdarstellung geht. Er hat auch nichts mit Christopher Street Paraden zu tun. Vielmehr bringt er Wehrlosigkeit und damit friedvolle Gesinnung und ein paradiesisches "Vertrauen auf eine innere, geheimnisvolle Macht ..., die uns umhüllt und beschützt" zum Ausdruck. Mag er diese Macht "Natur" benennen, so entspricht er empfindungsmäßig durchaus dem, was auch Franz von Assisi sucht: Nichts zurückbehalten, sich ganz aufnehmen lassen, sich "nackt dem Nackten" zu überlassen. Ich will hier weder idealisieren, noch Franziskus vereinnahmen - weder sind Naturisten Heilige, noch Franz von Assisi Naturist - ,aber er drückt doch aus, was wir unbewusst verlangen. Sein öffentliche Entkleidung vor dem Bischof entspricht unserer Ablehnung von Komfort und Luxus. Seine Nacktheit im Tod spiegelt auch unser Vertrauen wieder. Ein Naturist würde sagen : Vertrauen in die Natur , ich selber kann es aber nur Vertrauen in Gott nennen, was oben noch "auf eine innere, geheimnisvolle Macht" umschrieben wurde. So wie er vor Gott stehen möchte, so stehen wir uns auch als Menschen gegenüber. Es geht eben um Bedürfnislosigkeit, Vertrauen und Begegnung (gegenüber/mit Gott oder untereinander). Leider finden viele unserer konservativen Gegner diese Intention bei uns nicht. Was unsere Gegner schützen wollen (Ehrfurcht vor dem einzelnen und seiner Intimsphäre) akzeptieren wir durchaus. Wir bekämpfen nicht "Überbleibsel einer verklemmten Moral", sondern nur äußerliche Verklemmungen, während wir die Moral zumindest im Kern gar nicht in Frage stellen. Konservative Werte sehen wir eher im Naturismus verwirklicht, als dass wir uns gegen sie stellen. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass jeder vernünftige Dialog eine große Übereinstimmung von Naturisten und christlich-wertkonservativen Kreisen feststellen würde, die sie klar von moderner Freizügigkeit unterscheidet. Eher stehen wir dem Pazifismus nahe als einem übertriebenen Liberalismus.
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